e-Actross Lkw Übergabe am Terminal Wörth-Karlsruhe

e-Actros - Testfahrt nach Amsterdam

Einfach Mega: Mit dem E-Lkw von Wörth am Rhein nach Amsterdam

In den nächsten Monaten werden wir unsere Nahverkehrsflotte weiter elektrifizieren und bald deutschlandweit 90 E-Lkw nutzen. Aber je mehr E-Lkw unterwegs sind, umso spannender wird die Frage, wo die Fahrzeuge geladen werden können. Ein Lösungsansatz von vielen sind Megawatt-Ladegeräte. Als kürzlich der niederländische Mineralölkonzern Shell seinen ersten selbst entwickelten Megawatt-Charger auf dem Energy Transition Campus Amsterdam (ETCA) in Betrieb genommen hat, waren Kristin Kahl, Head of Sustainability Contargo und Daniel Röhm Lkw-Fahrer bei Contargo dabei.
Der eActros 600, den wir derzeit in Wörth am Rhein in der Kundenerprobung nutzen, war einer der ersten E-Lkw, die an dem Megawatt-Charger geladen wurden. Dazu musste der Truck erstmals auf die Langstrecke und das auch noch grenzüberschreitend – ein kleines Abenteuer für alle Beteiligten, an dem wir euch mit Kristins Logbuch teilhaben lassen möchten.

22:22 Uhr Startschuss! Wir sitzen im fast fabrikneuen eActros 600. Der liefert mit 600 kW Spitzenleistung mehr als genug Power für sein heutiges Gesamtgewicht von nur 26 Tonnen. Das Navi zeigt 544 Kilometer bis zum Ziel, der Ladestand beträgt 96 Prozent. Los geht’s, rauf auf die Autobahn, Tempomat auf 85 km/h. Leise schnurren wir über die Straßen.

Kilometer 120: Erster Verbrauchs-Check: 95,9 kWh/100 km.

Kilometer 180: Die Steigungen nehmen zu und die Straße ist nass. Aktuelle Durchschnittsgeschwindigkeit 81 km/h, Verbrauch 107,4 kWh/100 km. Die Raststätte Moselblick wird angekündigt. Akkucheck: 62% Prozent – easy! Wir fahren entspannt vorbei.

01:06 Uhr: 222 km liegen hinter uns, aktueller Verbrauch 100 kWh/100 km, Akkustand 56 Prozent. Weiter geht's!

02:00 Uhr: Wir haben 1 km „plus“ – theoretisch würden wir es also ohne Zwischenladung bis ans Ziel schaffen. Aber da nach 4,5 Stunden sowieso die gesetzlich vorgeschriebene Pause ansteht, nutzen wir die Gelegenheit zum Laden.

02:20 Uhr: Daniel hatte sich im Vorfeld alle Schnelllader ab 300 kW auf der Strecke angesehen. Unklar war, ob er sie vor der vorgeschriebenen Pause erreichen kann und ob er mit dem E-Lkw nah genug an die Ladesäule heranfahren kann. Die ersten drei seiner vorab anvisierten Ladepunkte können wir rechts liegenlassen. Glücklicherweise sind nachts alle Säulen frei, das zeigt uns die App. Tagsüber hätte das sicher anders ausgesehen.

02.45 Uhr: 7 Minuten vor der vorgeschriebenen Lenkzeitpause erreichen wir die ausgewählte Ladesäule. Sie verfügt über bis zu 300 kW Leistung, ist allerdings wie die anderen Säulen auch eigentlich auf Pkw ausgelegt. Karte ranhalten, Stecker rein und – Pause!

04:00 Uhr: Nach etwas mehr als einer Stunde Laden bricht der Vorgang ab. Eigentlich sollte der Ladevorgang um 04:20 Uhr beendet sein, aber die Ladesäule ist heißgelaufen und stellt sich ab. Verständlich nach über einer Stunde mit annähernd 300 kW, schließlich handelt es sich um eine Pkw-Ladesäule mit ungekühltem Kabel. Daniel muss den Lkw neu starten, um weiterzuladen. Irgendwann geht nichts mehr, die letzten zwei Prozent wollen nicht mehr rein. Der Sonnenaufgang kündigt sich bereits an und der Verkehr nimmt zu. Wir entscheiden uns weiterzufahren.

04:45 Uhr: Abfahrt, Ladestand 98 Prozent, damit könnten wir 610 km fahren. Entspannt!

05:05 Uhr: Wir passieren die Grenze. Yeah, „unser“ eActros fährt erstmals international! Tempomat auf 80 km/h. Es wird kühl, Daniel schaltet die Klimaanlage an – das hat überraschenderweise kaum Einfluss auf den Verbrauch.

06.43 Uhr: Wir kommen in den Berufsverkehr und damit in den ersten Stau dieser Fahrt. Noch 64 km bis zum Energy Transition Campus Amsterdam – wir haben genug Puffer bis zum Beginn der Veranstaltung.

07:30 Uhr: Wir nähern uns der Innenstadt von Amsterdam mit teilweise 7-spurigen Straßen.

07:43 Uhr: Nach knapp 10 Stunden erreichen wir unser Ziel.


Erstes Megawatt-Laden

Später hat Kristin an einer Paneldiskussion mit Hilmar van den Dool (Shell), Melissa Williams (Shell) und Ard-Jan Kooren (Kotug) teilgenommen und Daniel durfte den E-Lkw an den Megawatt-Charger fahren, der mit dem Laden eines elektrischen Schubleichters sowie mehrerer E-Lkw vor großem Publikum eingeweiht wurde.

Bei diesem Megawatt-Charger handelt es sich um einen Testaufbau. Das System ist mit zwei separaten Ladearmen ausgestattet. Ein rotierender Arm ist für Elektroschiffe ausgelegt, der andere versorgt schwere E-Lkw und -Busse mit Strom. Durch die Platzierung eines zweiten Adapters an jedem Ladearm soll sich das Megawatt-Ladegerät bei ETCA für eine Vielzahl von Schiffen, Fahrzeugen und Batterietypen eignen. Ziel ist es, einen universellen Standard zu etablieren, um nicht mehr mit unterschiedlichen Kabeln oder Kupplungen zu arbeiten.

Die Kapazität des Megawatt-Ladegeräts entspricht in etwa jener von drei regulären 350-kW-Schnellladegeräten, mit denen elektrisch angetriebene Lkw schon jetzt geladen werden. E-Lkw und Busse mit Batterien von bis zu 1 MWh können dort innerhalb von 2 Stunden geladen werden.

Contargo wird das Megawattladen überwiegend außerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten nutzen. Denn während der Pausen reichen auch 600 kW, um die Batterie in 45 Minuten wieder fast ganz vollzuladen. Für uns wird das Megawattladen ein Puzzleteil im großen Bild der Lademöglichkeiten sein. Das besteht bisher zwar nur aus dem Depotladen, wird künftig aber hoffentlich durch weitere Puzzleteile wie das Laden an Laderampen und das dynamische Laden ergänzt, denn sie ermöglichen das Laden ohne Zeitverluste.

Das Fazit von Kristin:

„Bei einer Fahrzeit von fast zehn Stunden mit 81 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit und einem Ecoscore von 86 Prozent betrug der Verbrauch 99,4 kWh/100 km. Für ein E-Fahrzeug eine beeindruckende Leistung! Aber auf der nächsten Tour würden wir gerne an E-Lkw-Ladestellen tanken, wo das Fahrzeug gut an die Ladesäule heranfahren und auch parken kann. Dann gerne wieder!“